Der Text ist der Versuch, (mal wieder) festzuhalten, warum die NSC-Zahlen schwinden und was bisher dagegen versucht wurde.

Meine eigentliche Frage ist aber, ob sich NSCs selbst organisieren (analog zu den Spielergruppen) - und wenn ja wo, und wenn nein warum nicht?

Jetzt ist der Text doch etwas länger geworden als geplant, entsprechend hier das "Inhaltsverzeichnis", damit jeder gleich findet was er sucht:

1) Ursachen des NSC-Mangels
2) Bisherige Lösungsversuche
3) NSC-Gruppen?



1) Ursachen des NSC-Mangels

Allgemein scheint sich ja abzuzeichnen, dass Spieler-Rollen wesentlich beliebter sind als NSC-Rollen. Die Ursachen, warum das (in meinen Augen) so ist hab ich hier mal versucht aufzulisten.

(Disclaimer: Es geht primär um Wellen-NSCs auf Abenteuercons. Meine Erfahrungen beziehen sich auf den südwestdeutschen Raum.)

- Keine IT-Einbindung.
Die meisten NSCs benötigen für ihre Rollen halt nicht viel Wissen über das Hintergrundland - und erhalten dementsprechend auch keins. Anspruchsvollere Rollen werden halt mit Stammspielern der Kampagne besetzt, die eben kein Briefing mehr benötigen.

Nur darf man sich dann auch nicht wundern, wenn sich die NSCs irgendwann nicht mehr allzusehr um die Spielwelten kümmern und halt "Prügelknechte der Kategorien Ork/Räuber/Untoter" abliefern. Entsprechend wird dann der Con aber auch erstmal als "Zombie-Con (mit Masken und gutem Fundus)" oder "Dunkle Ritter-Con (mit Wappenröcken, keinem Fundus)" in Erinnerung behalten. Ein Interesse am IT-Geschehen und dem Kampagnenverlauf entsteht so aber nicht. Und damit halt auch keine IT-Bindungen.

- Keine Einbindung in die OT-Planung.
Die NSCs werden weder in die Vorbereitung der Ausrüstung, noch in das Planen des Plots eingebunden. Mit etwas Glück gibt's ein Mini-Skript ein paar Tage vor der Con per Mail, meist wird ihnen aber erst gesagt was jetzt von ihnen erwartet wird wenn es soweit ist. ("Wir brauchen _jetzt_ ein paar Räuber, die ...")
Da ist es nicht wirklich verwunderlich, wenn viele NSCs die Geschichte nur als "jemand anderes" Geschichte sehen - halt die der Orga und der (Stamm-)Spieler. Die hilft man halt gerne umzusetzen, aber sie wird halt nicht verinnerlicht.

- Darstellung 2. Klasse.
Die Kostüme der NSC spielen einfach in einer ganz anderen Liga als die der Spieler. Da wäre einerseits Umfang und Qualität (1 Spieler kann erstmal in 1 Kostüm mehr Arbeitszeit/Geld investieren als 3 Orgamitglieder in 20 Kostüme).
Auf der anderen Seite halt auch die Kluft zwischen vorhandenem Material und Rolle.
Viele Spieler spielen halt: a.) verschiedene Rollen, und entsprechend inhomogen ist auch das Bild wenn sie NSC machen und b.) die wenigsten Spieler spielen böse/heruntergekommene Rollen.
Entsprechend passen die polierten Plattenschultern nicht zum Ork, die Magd mit Rock wirkt als Räuber im Wald nicht so ganz stimmig, und die Untoten sind generell zu sauber...

Andererseits ist es aber auch so, dass eben zwei/drei Grundgewandungen fast schon ausreichen würde: etwas gebraucht-menschliches (für Bauern, Stadtwachen und Räuber) und etwas dreckig-zerschlissen-martialisch-finsteres (für Orks, Barbaren und Untote).
Und beide Monturen sind halt wohl einfacher und billiger herzustellen als ein normales Spielergewand (und liessen sich mit kleinen Accesoirs je nach Con auf die genauen Rollen anpassen. Etwa Bundhauben für Bauern, Knüppel und Zahnschwarz für Räuber, Wappen(röcke) für Wachen/Soldaten, Maske/Schminke für Zombies und Orks, ...).

- Kämpfer 2. Klasse
Einer der wesentlichen Gründe Wellen-NSC zu machen scheint die Lust am Kämpfen zu sein. Gerade für Anfänger ohne eigene Ausrüstung. Man kann Waffen ausleihen, mal andere Waffen ausprobieren, endlich mal in ein Kettenhemd schlüpfen, generell viel kämpfen und das Teamplay scheint unter NSC auch besser zu funktionieren (es gibt halt genug Kämpfe in denen es nichts zu verlieren gibt, so dass jeder der will mal Anführer spielen und seine Ideen umsetzen kann).
Dumm dann halt nur, wenn der Waffen-Fundus dann minimal ist, die Kämpfe zu "Schildreihe vor der Taverne" erstarren sobald das Überraschungsmoment verflogen ist oder die NSC chronisch unterlegen sind.
Mit chronisch unterlegen mein ich jetzt nicht, _dass_ die NSCs verlieren, sondern _wie_ sie verlieren. Wer sich schonmal "beeilt" hat, um "nur" eine 1:2 Unterlegenheit für schöne Kämpfe auszunutzen bevor die nächsten 30 Spieler anrücken um auch ihre Dosis NSC zu bekommen weiss vielleicht was ich meine. Unangenehm ist's aus, ungerüstet mit einer Einhandwaffe jemandem mit Rüstung und grossem Schild gegenüber zu stehen, und dann den Aggressor spielen zu sollen (womöglich noch zu "Greift doch an" oder "Traut Euch doch"-Rufen hinter dem Schild hervor). Dass soetwas kein sinnvoller oder spannender Kampf wird ist irgendwie klar...

- Teilnehmer 2. Klasse
Dass die NSCs Hilfskräfte sind, die beim Umsetzen des Con-Konzepts helfen ist irgendwie klar. Dass dabei die SL das Spielgeschehen koordiniert und entsprechend die Richtung vorgibt ist auch klar.
Kritisch wird es dann halt, wenn die SL es nicht hinbekommt den NSC-Pool angemessen zu managen. NSC sind halt auch nur Menschen, die ihre Dosis Schlaf brauchen (auch wenn sie das selbst nicht immer glauben), sowie Pausen und Nahrung. Dass gerade die Aufnahme letzterer halt doch immer wieder mit irgendwelchen Aktionen zusammenfällt wäre halt mit etwas Absprache zu vermeiden, kommt aber trotzdem immer wieder vor (und so ein Schwenker braucht halt seine Zeit, da müssen die Spieler dann auch mal warten).
Nicht zu vergessen wäre auch etwas Zeit-Managment: Auch NSCs langweilen sich nicht gern. NSCs zu beschäftigen ist auch meist nicht weiter schwer, und bei den gängigen Zahlenverhältnissen sollte es da auch immer was zu tun geben. Viele NSCs gehen halt zum kämpfen auf nen Con. Dumm nur wenn das Setting tagsüber kaum größere Aktivitäten zuläßt (Untoten-Belagerung bei Nacht, dafür recht leblose Gegend bei Tag. Da hat's dann auch nicht sooo viele Räuber). Oder wenn NSC warten müssen. Sicher, das gehört zur Aufgabe, und wenn sich ein Elfenkundschafter im Wald verläuft und man entsprechend ne Stunde länger wartet ist das auch kein Beinbruch. Vor dem Frühstück in den Wald geschickt zu werden und dort erstmal vier Stunden auf die Spieler zu warten ist aber blöd. Fünf Stunden hinterm Dungeon auf einen Fünfminuten-Einsatz zu warten ebenso. (Anmerkung an SL: NSCs NACH dem Aufbruch der SCs losschicken, und die SC dann einen entsprechend längeren Weg nehmen lassen; Anmerkung an SC: Drei Stunden Diskussion sind unangemessen. Viele Bedrohungen, Gefangennahmen etc. könnten sich bis dahin schon erledigt haben... ;) )
Bei den Leerlaufzeiten zwischen den Aktionen hilft es auch sehr, wenn es nur ein NSC-Lager mit einem zentralen Versammmlungspunkt (am besten der Futterstelle) gibt. Das führt halt einfach schnell zu nem gewissen Zusammengehörigkeitsgefühl, und die Stimmung ist entsprechend auch besser als wenn sich die NSCs grüppchenweise über das Gelände verteilen. Ausserdem ist die Koordination der NSCs um einiges erleichtert...




2) Bisherige Lösungsansätze

Folgende Lösungsansätze wären mir bisher bekannt:

- immer billigere Conpreise
Führt halt dazu, dass gerade die Leute NSC machen, für die Geld eine Rolle spielt. Bei entsprechendem Einkommen wäre dann auch diese Motivation dahin, und solange führt das meiner Erfahrung nach dazu, dass tendenziell ehr die weniger ausgestatteten Larper NSC machen. Auf der Gegenseite scheint es aber auch dazu beizutragen, dass SLs die NSC-Darsteller (unbewusst) als bezahlte Helfer betrachten statt als Teilnehmer, die auch wegen dem Spass gekommen sind.

- NSC-Päppeln (Kaffee, warme Mahlzeiten)
Macht NSCs froh und frohe NSCs kommen ehr wieder. Die Frage wäre halt, ob das die strukturellen SC-"Vorteile" aufwiegen kann.

- Zeit-NSCs nach amerikanischem Beispiel
Hat sich meines Wissens noch nicht durchgesetzt, und scheint auch nicht sooo populär zu sein. Dazu kommt, dass es für plotrelevante NSCs auch keine wirkliche Alternative ist.

- Gecastete (N)SC
Geht entweder am Problem vorbei (Mangel an Knüppelknechten) oder bringt halt bei bespielten NSC-Gruppen (Drows, Orks) eigene Probleme mit sich: Passen nicht unbedingt zum Setting und sind anscheinend nicht immer so flexibel und steuerbar wie die SL das gerne hätte.

- Spielergruppen als NSC
Spielergruppe A übernimmt auf dem Con einer befreundeten Spielergruppe B NSC-Rollen, und im Gegenzug dann B auf einem Con von A. Hat halt den Nachteil, dass Spielergruppen lieber SC als NSC zu machen scheinen, und die meisten Cons entsprechend nicht in den Genuss einer solchen Lösung kommen werden.


3) NSC-Gruppen?

Jetzt wollte ich mal wissen, wie das mit NSC-Gruppen aussieht. Also Zusammenschlüsse von NSC-Darstellern mit gemeinsamem Fundus oder zumindest aufeinander abgestimmter Ausstattung. Dabei aber halt möglichst flexibel und nicht auf eine Rolle festgelegt (wie etwa bei den Ork- oder Drow-Gruppen). Also eher in Richtung "Theatergruppe" denn "Spielergruppe auf NSC-Seite".

Gibt es sowas schon, und wenn ja wo? Und wenn nicht, warum nicht?


Ich meine, die Vorteile liegen auf der Hand:

- Schöne, einheitliche Ausstattung.
NSC-Kostüme sind eigentlich recht billig, meist fehlt's an der Arbeitskraft und der Ausrüstung. 20 Wappenlappen sind für 3 Leute mit einer Nähmaschine Mühe, für 10 Leute mit 2 Nähmaschinen ist es ein Klacks. Larp-Schilde einzeln zu basteln ist aufwändig, mit 10 Leuten und ner Sammelbestellung sollte das recht zügig gehen...

- Besserer Kontakt untereinander.
Der Kontakt zwischen Larpern scheint viel auf IT-Bekanntschaften und Spielergruppen (die ja mehr oder weniger die Funktion von Gilden/Clans bei Computerspielen übernehmen) aufzubauen. Auf NSC-Seite hab ich da noch wenig vergleichbares gesehen (noch keine Gruppe mit mehr als 5 Leuten). Eine NSC-Gruppe würde hier halt die Möglichkeit bieten, auch über einzelne Cons hinaus Kontakt zu halten und was gemeinsam zu unternehmen. (Und mein Eindruck ist halt auch, dass Larper, die erstmal in ner Spielergruppe drin sind, primär etwas mit der Gruppe unternehmen wollen. Und das halt meist als SCs.)

- Bessere Organisation.
Gemeinsame Einkaufsplanung, gemeinsame Esszeiten, bessere Zeltnutzung, Mitfahrgelegenheiten etc. Da liesse sich wohl einiges an Zeit und Geld sparen.

- Besserer Kontakt zur Orga.
Wenn es einen Ansprechpartner für die Orga gibt statt 20, dann hat die es wesentlich leichter den Kontakt zu halten. Entsprechend einfacher fällt es auch Wünsche und Meinungen zu kommunizieren.

- Bessere Verhandlungsbasis.
Zehn Leute, die sowohl Stadtwache mit Vogt, Untote mit Totenbeschwörer als auch einfache Räuber gut darstellen können nehmen der Orga einfach Arbeit ab. Zusätzlich kann eine Gruppe auch ihre Arbeitskraft einbringen (Requisitenbasteln, Auf- und Abbau). Und das kann sich dann auch in einem Gruppenrabatt niederschlagen.



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Rufus